Robosurf: Deutsch-italienischer Malerroboter vor Roadshow
Robotik am Bau ist unverändert eine Ausnahme. Diese Website versucht gegenzusteuern und zu zeigen, was es gibt. Im Bereich des Malens wurden hier beispielsweise Okibo aus Israel und ConBotics aus Berlin vorgestellt. Enttäuschend wenig für solch einen großen Markt mit zunehmenden Personalmangel, könnte man meinen.
Nach dem kürzlichen Artikel über Okibo samt Kritik an der Industrie, sie tue zu wenig, nahm Patrick Machill Kontakt zu mir auf. Robosurf arbeitet seit 2018 an autonomen mobilen Robotern für die Bearbeitung von Oberflächen für den Baubereich und Industrie. Robosurf, so sagt er, habe im letzten Jahr auf mehr als 20 Baustellen im Feldversuch gearbeitet. Der Handwerker-Roboter von Robosurf kann nicht nur malen, sondern auch schleifen.
Ungewöhnliches Startup
Während viele Startups frühzeitig „trommeln“, allein schon um Investoren auf sich zu ziehen, hat Robosurf bislang nicht die große Bühne gesucht. Finanziert durch Entwicklungsaufträge für Drittfirmen im Bereich der mobilen Robotik, konnte man sich seit der Gründung im Jahr 2019 weitgehend selber finanzieren. Bootstrapping, so der Fachbegriff für die Eigenfinanzierung, hat zwar zur Folge, dass sich der Markteintritt ein wenig verzögert, doch bleiben die Gründer erstmal Herr im eigenen Haus. Dieses ist bei Robosurf der Fall. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz bei Pisa und Vertriebsniederlassungen in Hamburg und Barcelona. Dies ist der Internationalität der Gründer geschuldet, aber auch der engen Verbindung zur Universität von Pisa, die in Bezug auf Robotik und Automatisierung über Schwerpunkte verfügt.
Zum Malen kam man über einen Umweg
In Startup-Lehrbüchern wird immer wieder Flexibilität gefordert. Diese findet man auch bei Robosurf. Die Automatisierung für die Bearbeitung von Oberflächen mit autonomen mobilen Robotersystemen hat im Schiffsbau begonnen. Auf Grund der komplexen Geometrien ist die Verkleidung von Schiffsrümpfen sehr zeit- und materialaufwendig. Für einen Quadratmeter Rumpfverkleidung bei einer Superyacht können bis zu 25 Stunden Zeiteinsatz benötigt werden. Hier sollte der Roboter ran.
Aufgrund der schieren Grösse der mobilen Robotersysteme für den Schiffbau entschloss man sich bei Robosurf, kleinere und leichtere mobile Roboter für die Bearbeitung von Oberflächen zu konstruieren. So wurde der Bereich des Bauhandwerks identifiziert. Allerdings fehlte hier das notwendige Domänenwissen. Eine Malerausbildung dauert schließlich 3 Jahre. Durch die Zusammenarbeit mit einer der führenden Unternehmensberatungen im Bauhandwerk, die Wertschöpfer GmbH aus Reutlingen, wurde das notwendige handwerkliche Wissen gewonnen und die Anforderungen in Bezug auf Qualität und Ausführungsgüte übertroffen. Besonders wichtig war allen Beteiligten die Einfachheit der Bedienung ohne den Einsatz speziell ausgebildeter Techniker. Robosurf und die Wertschöpfer haben die Einfachheit der Bedienung in unterschiedlichen Baustellensituationen mit Auszubildenden, Gesellen und Meistern umfangreich getestet. Die neue Form der Arbeitsteilung zwischen Mensch und Robotern hat den Beteiligten sichtlich Spass gemacht und zu deutlicher Arbeitserleichterung geführt. Spannend für Unternehmen im Bauhandwerk war dabei die gleichbleibend hohe Qualität der Arbeitsausführung bei einer um das drei- bis vierfache höheren Produktivität.
Wände streichen reicht nicht aus
Um Malen zu können muss der Untergrund passend für den neuen Aufstrich sein. Hierfür ist häufig Schleifen notwendig. Eine komplexe Aufgabe, wie die speziellen am Markt erhältlichen Angebote zeigen. Robosurf entwickelte eine eigene Schleifmethodik für Wände. Eine weitere sehr komplexe Aufgabe ist das Streichen über dem Kopf. Auch hier muß zuvor geschliffen werden, weshalb man eine eigene Lösung für das Schleifen an Wänden und Decken entwickelte. Und natürlich soll der standardisierte Roboterarm ebenfalls mobil sein. Bei der Mobilität hatten die Gründer durch die Eigenentwicklung von AMR’s von Hause aus ein großes Know how, so dass sie einen eigenen mobilen Roboter einsetzen. Natürlich nutzt man die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, z.B. für Wegeoptimierung, Analysen und Qulitätskontrollen in Verbindung mit Kameras.
Roboterarm von Kuka
Auf Bildern im Internet ist ein Industrieroboter von Kuka zu sehen. Beim Hersteller ist Robosurf flexibel und setzt auch Universal Robots ein. Ähnlich wie bei Autos, gibt es nicht das eine Fahrzeug, das allen Anforderungen entspricht. Deshalb bietet Robosurf auf Basis seiner modularen Modell-Plattform unterschiedliche Robotersysteme für unterschiedliche Anforderungen an. Wichtig ist eine Traglast von mindestens 10 kg (Schleifen erfordert Druck) und eine passende Reichweite. Aktuell kann in der derzeit grössten Ausführung eine Höhe von 4,5 m bearbeitet werden.
Damit würden sogar Altbauwohnungen abgedeckt – und wichtiger – viele gewerbliche Flächen.
Die Sicherheit bei der Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit dem Roboter steht für Robosurf an erster Stelle. Neben speziellen Sicherheitsprotokollen bei der Integration eines Industrieroboters ergänzen Co-Bots die Flotte mit ihren spezifischen Vorteilen für Arbeitssicherheit. Insgesamt steht die CE-Zertifizierung kurz vor dem Abschluss.
Markteinführung naht – Geschäftsmodell
Wie erwähnt, wurden diverse mobile Robotersysteme entwickelt und verkauft. Der Robosurf Handwerker-Roboter ist auf mehr als 20 Baustellen getestet und optimiert worden. Neben dem Verkauf der Roboter an erste Kunden und strategische Partner strebt man auch deren Vermietung bzw. RaaS an.
Verträge über die Industrialisierung der Produktion sind bereits ebenso unter Dach und Fach wie die Verträge für globale Servicelevel. Auch steht man vor dem Abschluss einer ersten Finanzierungsrunde, um weitere Produktentwicklung zu finanzieren und den Markteintritt zu starten.
Robsurf ist also schon weit und plant die baldige Markteinführung. Vorab steht eine Roadshow an.
Vernetzen wir uns? LinkedIn
-> Zur Cobot-Gruppe auf LinkedIn (Link). Der Verfasser ist auch beratend tätig (Robotik, Tech & Finanzierung). Kaum jemand dürfte über eine vergleichbare Marktübersicht verfügen. Dank staatlicher Förderung besteht für KMU die Möglichkeit einer Betriebsbesichtigung mit konkreten Empfehlungen etc. zum Pauschalpreis von 1.750 € incl. Anreise.