Konjunktur: Stehen tektonische Veränderungen bevor?
Als Lehman Brother 2008 Pleite ging, titelte Bloomberg „Tectonic Market Shift“ (Link). Nachfrage und Umsätze brachen in der Folge 2008 schnell ein – weitaus stärker als 2020 bei Corona. Deutschland hatte Glück, wurde es doch vom Aufstieg Chinas aus dem Tal geholt. Viele deutsche Familienunternehmen hatte zuvor bereits solch eine Größe (mind. 150 Mio. Euro Umsatz), dass sie das Wagnis China zwischen 2005 und 2008 eingegangen waren. China, damals weitaus unbedeutender als heute, war seinerzeit noch ein echtes Wagnis. Patente boten keinen Schutz, alles war neu und niemand wußte, wohin die Reise dort gehen würde. Die italienischen Familienunternehmen waren im Schnitt viel kleiner, hatten daher keine Niederlassung in China und konnten so auch nicht aus dem Sumpf gezogen werden. So eine Analyse des Manager Magazins. Wieso nun diese Überschrift, dieser Vergleich, der nichts direkt mit Robotik zu tun hat?
Egal welche Branche, es werden extreme Annomalien gemeldet
Nun, einerseits blicke ich zum Wochenende gerne etwas über den Tellerrand hinaus und dann habe ich vor allem die letzten Tage Dinge gelesen oder erfahren, die nichts Gutes ahnen lassen. Einige Beispiele:
- Der Industrie-Kamerahersteller IDS kündigt mangels Chips Lieferdaten im (späteren) Jahr 2022 oder gar 2023 an (Chipmangel).
- Einer der größten Reifenimporteure ist bereits für 2022 ausverkauft.
- Ein namhafter Fertighaushersteller soll seinen Kunden 50.000 € anbieten, wenn sie vom Vertrag zurücktreten.
- Ein mir bekannter Bauzulieferer hat zwar genügend Material, wird aber weniger nachgefragt, da es am Gewerk vor ihm hapert. Dieses hat kein Material und so kommt auch er nicht zum Zug.
- Die Lieferfähigkeit von Autoherstellern hängt auch davon ab, ob der Neuwagen ein kontaktloses Aufladen des Handy ermöglichen soll oder nicht – wegen einer 20 €-Banalität kann nicht ausgeliefert werden.
- Die Container-Thematik ist ohnehin bekannt.
Jeder wird weitere Beispiele kennen. Gerade der Bau taugt als Beispiel für eine Kettenreaktion, die m.E. nicht überraschen würde. Bauunternehmen haben eher eine niedrige Umsatzrendite, ihre Zulieferer aber eine hohe. Letztere haben sie – wie auch viele andere Verarbeiter – für eine aus Sicherheitsgründen massive Bevorratung genutzt. Mit zusätzlichen Einkäufen zahlen sie zudem weniger Negativzinsen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es schon in naher Zukunft zu einem starken Umschwung kommen wird. Die Bauwirtaschaft erscheint besonders anfällig (die Branche trägt in China immerhin 29% zur Wirtschaftsleistung bei, in Deutschland 6%): Der Fertighaushersteller, der alte Aufträge abwickelt und keine neuen erhält (wer soll die bezahlen?), bestellt deutich weniger als zuvor. D.h. es gibt einen Nachfrageeinbruch, der auf massiv überhöhte Lager trifft. Diese werden dann erstmal reduziert. Denn ein Preisverfall der jetzt teueren Waren wird das Szenario begleiten.
Überhaupt stellt sich die Frage, wie so manches Unternehmen mit festen Lieferverträgen die Preissteigerungen verkraftet. In einige Branchen gibt es entsprechende Preisanpassungsklauseln, viele andere kannten so etwas bislang aber nicht.
Noch ist nur Sand im Getriebe, doch am Horizont braut sich was zusammen.