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Pricing: Ist der UR10e zu günstig oder der UR20e zu teuer?

Der Geschäftsführer eines großen Robotik-Unternehmen begrüßte mich kürzlich mit den Worten, ich hätte interessante Thesen. Viele teile er, andere nicht. An diesem Beitrag dürften sich wieder die Geister scheiden.


Vor eingen Tagen habe ich die erste Preisindikation für den neuen Universal Robots UR20e gehört: Etwa 48.500 €. Er kann nicht nur mehr heben als der bewährte UR10e (ca. 35.500 €), sondern ist auch viel schneller und hat weitere Vorteile auf Grund seiner erfolgten Neuentwicklung. Es gibt also sehr gute Gründe, dass der UR20 grob 30% mehr kostet als sein kleiner Bruder. Der Kunde erhält viel mehr für sein Geld.

Zeit mal wieder über die Preisgestaltung zu schreiben, eines meiner Lieblingsthemen. Denn mit kaum etwas kann man den Gewinn so „einfach“ hebeln wie mit dem optimierten Verkaufspreis.

Die Amortisationsrechnung fällt ungünstiger aus

Angenommen in einem Unternehmen gibt es zwei Arbeitsplätze an denen heute händisch mit gleichen Taktzeiten palettiert wird. Am Platz 1 werden 10 kg-Gebinde aufgestapelt, am Platz 2 solche mit 17 kg Gewicht. Die Mitarbeiter werden gleich vergütet. Beide Arbeitsplätze werden in der Folge automatisiert obwohl die Amortisationszeit bei Platz 2 deutlich länger ist.

Dies zeigt, dass das Argument der Amortisationszeiten als das Entscheidungskriterium häufig so nicht stimmt. Der Kunde erkennt die höhere Leistung des teueren Roboters durchaus an. Natürlich wird der eine oder andere nur den kleineren Cobot kaufen und den Verschleiß des Mitarbeiters am schwiergeren Arbeitsplatz akzeptieren. Deswegen würde der Preis des Cobots aber nicht gesenkt. Wer alle Aufträge bekommen will, hat meistens ein Ertragsproblem. Denn 100% Zuschlag geht fast immer zu Lasten der Verkaufspreise.

Kundennutzen und Wertschätzung spielen ebenfalls eine Rolle

Das leicht provokante Beispiel habe ich gewählt um den Fokus auf andere Faktoren als die reine Amortisationszeit zu lenken. Dies gilt gerade im Gespräch mit KMU bei denen es keine solch verbindlichen Vorgaben von „oben“ wie in Konzern-Unternehmen gibt. Hinzu kommt: Seit Jahrzehnten im Mittelstand als Berater unterwegs, weiß ich, dass gerade der Mittelstand keine extrem kurzen Amortisationszeiten hat. Typischerweise liegt sie ehr bei wenigen bis mehreren Jahren. Denn so hoch ist die Umsatzrendite bei traditionelle KMU nicht. Letztlich ist dies auch logisch: Viele Unternehmen haben nur 2 Schichten, schließen zwischen Brückentagen etc. D.h. die Maschinenlaufzeiten (also der Divisor) ist gar nicht so hoch wie in einem vollausgelasteten Großunternehmen. Die längeren Amortisationszeiten vertragen die meisten KMU wiederum weil der zu finanzierende „Wasserkopf“ nicht so groß ist und Kostenblöcke wie Forschung oder Werbung gerade z.B. bei Lohnfertigern völlig fehlen.

Passende Antwort

Wenn ein potenzieller Kunde also sagt „Wir brauchen kurze Amortisationzeiten denn der Auftrag läuft nur 1 Jahr“, sollte die Antwort lauten „Egal welcher Auftrag im Anschluss kommt, der Cobot kann wieder eingesetzt. Und wenn es keine Aufträge mehr gibt, kann er schlimmstenfalls verkauft werden.“ Dann ist der Kunde am Zug mit einem Gegenargument.

Zur Ausgangsfrage „zu billig oder zu teuer“

Ich halte beide Modelle für zu günstig, doch muß ich sie nicht verkaufen. Auch gibt es bekanntlich psychologische Preisgrenzen. Diese könnte durchaus bei 50 T€ liegen. Hervorheben möchte ich, dass Universal Robots die letzte Preiserhöhung m.W. schon vor längerer Zeit vorgenommen hat. Seidem sind die Preise deutlich gestiegen bzw. es ist absehbar, dass die Löhne (Basis für eine Amortisationsrechnung) deutlich steigen werden. Unter Berücksichtigung der Traglasterhöhung ist gerade der UR10e sogar günstiger geworden – und dies bei starker Nachfrage. Immerhin kostet z.B. ein UR10e faktisch mehr als wichtige Wettbewerber. Omron kostet genauso viel, enthält dafür aber eine Vision mit guter Software und der Kassow Robots enhält einen weiteren Freiheitsgrad. Dass ein UR faktisch mehr kostet kann damit argumentiert werden, dass kein anderer Cobot so intensiv in der Praxis getestet wurde und solch ein großes Öko-System hat. (Beim Test-Argument kann natürlich FANUC mithalten.)

Dafür, dass die Preissensibilität der Kunden bisweilen überbetont wird, spricht, dass die chinesischen Anbieter in DACH unverändert unbedeutend sein dürften. Der Industrieroboter fruitcore ist zwar deutlich günstiger als ein Universal Robots, steht aber ebenso wie igus für Made in Germany. Das Risiko aus Sparsamkeit eine schlechtere Qualität zu erhalten, wird dadurch deutlich gemindert.

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Der Autor dieses Blogs ist maßgeblich am KI-/ Robotik-Projekt Opdra beteiligt. Er berät KMU rund um Robotik – bis zu 50% Förderung der Beratung sind möglich. Permanent auf der Suche nach interessanten Lösungen hat er schon hunderte Applikationen gesehen. Aus diesem Grund gehören auch Großunternehmen zu seinen Kunden, die zwar über Know how verfügen, aber nicht den gesamten Markt kennen. Mehr zu seiner Person finden Sie hier.

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