Schulroboter – Roboter für Bildungseinrichtungen
Dieser Artikel soll Personen aus schulischen (nicht Grundschulen!) und überbetrieblichen Bildungsreinrichtungen einen ersten Überblick verschaffen. Hierbei wird von geringen bis völlig fehlenden Kenntnissen der Robotik sowie von unterschiedlichen Budgets ausgegangen. Der Autor beobachtet die Robotk-Branche seit Jahren, ist aber aber kein Experte für schulische Roboter. Gleichwohl sieht er das abnehmende MINT-Interesse in Deutschland. Vielleicht kann Robotik im Unterricht dazu beitragen gegenzusteuern. Die Themen Finanzierung von Robotern sowie die Möglichkeit der Förderung für überbetriebliche Bildungsreichtungen werden im Anschluss angesprochen.
Grundlegendes
Roboter werden seit Jahrzehnten eingesetzt. Die klassichen Industrieroboter, wie wir sie aus der Automobilindustrie kennen, sind sehr schnell, präxise, häufig stark, aber auch unflexibel und ohne Sicherungsmaßnahmen zu gefährlich für Schüler. Für den Umgang mit dem Menschen entwickelt wurden hingegen die sogenanten Cobots. Hierbei handelt es sich um Leichtbauroboter, die i.d.R. einfacher zu progarmmieren und bisweilen sogar dank Sensorik den Menschen wahrnehmen. Dennoch können auch sie eine Gefahr darstellen, z.B. wenn sie etwas Spitzes in Augenhöhe bewegen. Für viele Schulen eignen sie sich aber vor allem schon auf Grund ihres Preises nicht. Etablierte Modelle kosten schnell 20.000 € aufwärts. Für eine Schulklasse mit mindestens fünf Robotern müßten 100.000 € einkalkuliert werden. Sinnvoller erscheinen daher kleinere Robotere, die teilweise sogar mit Bildungspaketen erhältlich sind und vom Grundschema wie die großen produktiven Roboter funktionieren.
Zu den für „Robotik-Neueinsteigern“ wichtigen Gundlagen sollte auch die Kenntnis der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale gehören.
- Traglast: Diese gibt an, wieviel ein Roboterarm heben kann. Wichtig ist: Von der Traglast ist das Gewicht für den verwandten Greifer abzuziehen. (Roboter verfügen übrigens fast immer nur über einen Arm.)
- Reichweite: Der Begriff erklärt sich von selber (er gibt an, bis zu welcher Entfernung ein Roboter von seinem Sockel etwas greifen kann). Wichtig: Die Reichweite gibt den Maximalwert an und berücksichtigt nicht die Beweglichkeit. Diese hängt von der Zahl der Gelenke/ Freiheitsgerade ab. Stellt man sich den Unterarm als Greifer vor, d.h. vom Ellenbogen bis zum Handgelenkt, betrüge die Reichweite vielleicht 40 cm. Aber etwas in 20 cm Entfernung – also innerhalb der Reichweite – könnte kaum gegriffen werden, da der Unterarm starr ist. Der ganze Arm des Menschen incl. Gelenk an der Schulter und dem Handgelenk kann hingegen fast alles innerhalb seiner Reichweite greifen. Er ist gelenkig. Typische große Roboter haben daher 6 Freiheitsgerade. Um den Menschen nachzuahmen braucht es eher 7. Bildungsroboter haben aus Kostengründen weniger, doch gibt es auch unter ihnen Unterschiede.
- Geschwindigkeit: Diese spielt in der Schule keine bedeutende Rolle. Taktzeiten etc. gibt es ja nicht.
- Wiederholgenauigkeit: Dieser Wert gibt mögliche Abweichungen an und kann schon bedeutender sein. Soll im Unterricht beispielsweise das Tippen einer Tastatur mittels Roboter durchgenommen werden, wäre eine Wiederholgenauigkeit von 2 mm schon unbefriedigend. Vermutlich würde dann zu häufig die falsche Taste getroffen. Dies Kritierum ist also wichtiger.
- IP-Schutzklasse: Welche Verschmutzung verträgt ein Roboter? Wasser-akzeptierende Roboter haben z.B. IP 67. Für die Schule ist dies ohne Belang, für manche Industrietätigkeiten aber nicht. Für die Schule dürfte bereits eine simple IP 20-Klasse ausreichen.
- Programmierung: Wie wird der Roboter programmiert? Hier bitte ich um eigene Recherchen wenn das Budget steht. Ist kein Geld vorhanden, nimmt man was es gibt. Ist Geld ausreichend vorhanden, lohnt sich der Vergleich (Programmiersprache etc.) Bei Industrieroboter ist die Programmierung übrigens ein großes Thema da sehr komplex. Bildungsroboter sind i.d.R. deutlich einfacher zu handhaben.
- Zubehör: Hilfreich ist, wenn einige Schnittstellen/ Anschlüsse vorhanden sind um z.B. eine Webcam etc. anzuschließen.
- Standfestigkeit: M.E. ein wichtiges Kriterium insbesondere dann, wenn die kleinen Roboter nicht fest montiert werden. Dann sollten Sie auch Stöße beim Vorbeigehen etc. aushalten ohne gleich umzufallen. Je nach Modell kann hier mit einer Schraubzwinge nachgeholfen werden.
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Nun einige Modelle, die auch in größerer Anzahl erschwinglich erscheinen.
Schulroboter und Bildungsroboter von Dobot
Variobotic aus Ulm bietet nicht nur seit einigen Jahren Roboter des chinesischen Hersteller Dobot, sondern zu diesen auch Service, pädagogisches Begleitmaterial und weiteres Zubehör an um den Roboter richtig einsetzen zu können. Das Unternehmen ist Mitglied im Deutschen Robotik Verband und beschäftigt m.E. eine studierte Pädagogin, die sich ausschließlich um schulische Belange kümmert. Die angebotenen kleineren Roboter des Herstellers sind – dauerhaft – so zulässig, dass sie auch von zahlreichen Industriekunden und dort in großer Stückzahl eingesetzt werden, wenn es um kleinere Traglast und geringere Reichweite geht. Der niedrige Preis ab 1.500 € (brutto!) erklärt sich damit, dass es sich nicht um „geschrumpfte“ Varianten der bekannten Industrieroboter handelt (also ein Arm mit 6 Achsen), sondern die Mechanik lediglich vier Achsen umfaßt. Für das Programmieren oder die konkreten Einsatzfälle ist dies ohne Relevanz. Die Roboter sind aber nicht ganz so beweglich. Für schulische Zwecke scheint dies aber vernachlässigbar.
Gelernt und ausprobiert werden können neben 3D-Druck (!) auch klassische Roboter-Aufgaben wie optisches Erkennen (Vision), Vakuum-Greifen, Bewegen auf Linearachse oder Greifen von einem Förderband. All diese Hardware kann beim gleichen Anbieter und somit passend bestellt werden. Hierdurch fallen natürlich weitere Ausgaben aus, aber sparsame Schulen können ja mixen. D.h. z.B. 10 Roboter kaufen dazu jeweils 3 Förderbänder, 3 x Vision etc. Die Schüler lernen dann eben etwas versetzt. D.h. die Ausrüstung eines Klassenzimmers mit einem Etat von grob 25.000 bis 30.000 € erscheint mir gut möglich.
Niryo: Ähnlich wie zuvor, aber teurer und aus Frankreich
OrangeApps
Während ich die beiden ersten Lösungen – als Beobachter vom Rand – empfehlen würde, bin ich mir bei der Lösung von OrangeApps nicht sicher. Einerseits besteht sie aus 850 Lego-Bausteinen, so dass ich sie als fragil beurteilen würde. Dann ist die Lösung schon mehrere Jahre alt und das ganze System ist sehr KUKA-lastig. KUKA baut sehr gute Roboter, setzt aber noch eine komplexe Software ein. Da diese selbst von vielen Mittelständlern abgelehnt wird, ist KUKA in diesem Marktsegment kaum vertreten. Zu den Pluspunkte zählt der niedrige Preis von 1.190 Euro. Für diesen muß der Roboter aber auch zusammengebaut werden. Immerhin verfügt er über 6 Achsen und ist somit sehr beweglich.
Das im Video abgebildete Teach-Panel (Tablet) ist im Preis nicht enthalten und dürfte schnell 1.000 € kosten, da von KUKA.
Elephant Robotics
Ein weiterer „Wackelkandidat“ sind die Roboter dieses chinesichen Herstellers. Da er über keine Niederlassung in Deutschland oder der EU verfügt, erhöht sich das Risiko bei etwaigen Gewährleistungen. Aber es gibt ihn seit Jahren, er ist sehr preiswert und hat ein großes Zubehör-Programm. Auch bei der Programmierung scheint er sehr interessant (incl. ROS) und erlaubt auch die Verwendung von Konsolen-Controller. Vgl. hier LInk. Zudem kann er auf einen kleinen fahrbaren Roboter montiert werden, der etwa 900 US-$ kostet. Während das Modell „MyCobot280“ nur 250 g heben kann und dafür gerade mal 800 US-$ kostet, kann „MyCobot320“ 1 kg heben, hat diverse weitere Features (JavaScript), kostet dafür aber 2.400 US-$
Bei Interesse vielleicht an mich wenden. Elephant Robotics sucht immer wieder Kontakt zu mir. Daher könnte ich als Vermittler auftreten. Bei etwaigen Problemen wäre Elephant womöglich kulanter um eine negative Berichterstattung zu vermeiden. Vielleicht erhalten wir gemeinsam auch einen günstigeren Testroboter. D.h. Sie testen und behalten ihn und berichten im Gegenzug auf dieser Website.
Professionelle Robotik-Sets für Bildungseinrichtungen
Einzelne Anbieter haben Cobots, also Leichtbauroboter, die auch in Unternehmen eingesetzt werden, derart ergänzt, dass sie sich für Schulungszwecken bestens eignen. Gedacht sind diese Lernstationen für überbetriebliche Bildungsstätten oder auch Berufsschulen/ Ausbildungswerkstätten. Da hier der verwendete Roboter in seiner Grundausführung bereits 20.000 € aufwärts kostet, dürfte solch ein Paket schnell 30.000 € + kosten.
Die Firma Glaub ist in Norddeutschland aktiv.
Eher in Süd- und Ostdeutschland aktiv ist Jugard+Künstner.
Alternativ kann man sich seine Lernstation selber zusammenzustellen. HIer empfielt sich unbedingt das Anschauen des aus München stammenden und im Allgäu bei TQ hergestellten Franka Emika Cobots. In der Research-Version ist er recht günstig. Das Deutsche Museum hat jüngst für seine KI-Fabrik 128 Franka Emika angeschafft. Die Forschungsinstitute der TU München setzen ihn ebenfalls bevorzugt ein.
Finanzierung für weiterführende Schulen
Sofern kein Budget vorhanden ist und auch der Förderverein nicht alles stemmen kann, empfehle ich dringend die Ansprache lokaler Firmen. Mittlerweile geben viele Firmen viel Geld für Ausbildungsmessen aus, da kann ein wenig Präsenz bereits in der Schule auch machbar sein. Hilfreichere Tipps kann ich weiterführenden Schulen leider nicht geben.
Finanzierung für überbetriebliche Bildungsstätten
Hier gibt es ein großzügiges Programm vom Bafa. Es können 90% der Ausgaben bis 500.000 € gefördert werden (Link). Gerne begleite ich Sie auf diesem doch komplexen Antragsweg und auch bei der Auswahl der Roboter.
Vernetzen wir uns? LinkedIn
-> Zur Cobot-Gruppe auf LinkedIn (Link). Der Verfasser ist auch beratend tätig (Robotik, Tech & Finanzierung). Kaum jemand dürfte über eine vergleichbare Marktübersicht verfügen.