Beispiel eines zu lösenden, unbekannten Problems
Der Fachkräftemangel wird bekanntlich größer und die Energiekrise dürfte hieran allenfalls temporär etwas ändern. Denn wie der überaus erfolgreiche Hedgefonds-Manager Ray Dalio in seinem Buch „Weltordnung im Wandel“ darlegt, dauern Krisen i.d.R. immer nur 2 bis 3 Jahre. Danach geht es aufwärts. So wird es auch bei der Energiekrise sein. Spätestens nach drei Jahren erhalten wir Flüssiggas – irgendwo zu einem Preis zwischen früher und heute. Das Leben wird weitergehen. Die nachteilige demographische Entwicklung allerdings auch. (Dalio muß es wissen, hat er doch mit seinem Team seit Jahrzehnten alle Länderkrisen der letzten 2.000 Jahre nach Mustern analysiert und verdient mit diesem Wissen seit langem viel Geld.)
Im alpinen Hochwasserschutz könnten schnell 1.000 Cobots eingesetzt werden
In Gebirgsregionen in Österreich, der Schweiz oder auch Südtirol gibt es seit langer Zeit staatliche Wildbachverbauungen. Ihre Aufgabe ist dafür zu sorgen, dass so massive Überschwemmungen, wie sie in Bayern letztes Jahr vorkamen (Eiskanal Königssee wurde vollkommen zerstört) zu verhindern. Deutschland hat keine Wildbachverbauung, Österreich hat sie seit rund 100 Jahren. Allein das Bundesland Salzburg (500.000 Einwohner) hat in den vergangenen 20 Jahren 520 Mio. Euro in den Schutz vor Wasser und Lawinen investiert (Link). Mit der dichteren Besiedlung und dem Klimawandel wird der Bedarf zunehmen.
Der Oberpinzgau ist nicht nur Tourismus- sondern auch Unwetterregion
Der Oberpinzgau, über den häufig beim ORF im Zusammenhang mit Unwettern berichtet wird, liegt südlich von Kitzbühel und umfaßt einen Großteil der Hohen Tauern. Bei nur 22.000 Einwohnern müssen dort nach starken Regenfällen bis zu 100 Bagger ausrücken um alle Wildbachsperren auszubaggern damit sie Kapazität für das nächste Unwetter haben. In den Wildbachsperren werden mit dem Bach ankommende Baumstämme und Steine aufgefangen. Denn würde sie einfach so im Bach liegenbleiben, bestünde die Gefahr, dass sich ein Stausee bildet, der irgendwann unter dem Druck des nachfließenden Wassers sich ins Tal ergießen könnte. Dies wäre der Supergau.
Ich bin sicher, im gesamten Alpenraum werden über 1.000 Bagger für vergleichbares im Einsatz sind. Die Bagger müssen heute immer hingefahren, die laufende Arbeit unterbrochen werden und die Baggerführer müssen allzeit bereit sein – auch nachts. Der laufende Betrieb leidet hierunter. Ob es immer ausreichend Baggerführer geben wird, erscheint mir als fraglich.
Zuerst die Lösung: Cobots könnten baggern
Es hört sich bizarr an, aber warum nicht? Immerhin von ELITE ROBOT stammt das Video, das einen Cobot zeigt wie er baggert. Bei der Wildbachverbauung wäre sein Einsatz von Dritten abgeschirmt. Er würde mit dem Bagger am Rand oder im Bachbett stehen. Kein Autoverkehr oder sonstwas sich bewegendes wäre zu beachten.
Dann das Problem: Wer soll es umsetzen?
Das Beispiel ist eines von vielen, das nicht umgesetzt wird, weil keiner zuständig ist. Die Geologen an einer Universität denken nicht an Roboter, die Bau-Unternehmen sowieso nicht. Die Maschinenbau-Experte wiederum wird in diesem Zusammenhang nicht an den Cobot-Einsatz in Baggern denken. Überhaupt betrifft einen Integrator das Thema wenig: Niemand fragt ihn. In den Gebirgsregionen gibt es nur wenige und die Integratoren im flachen Land kennen die Problematik eh nicht und haben genug zu tun. Und selbst wenn sich einer des Themas bewußt wäre, wie ginge es weiter? Soll er die Idee vorfinanzieren?
Sicherheit ist erstmal sekundär
Nun könnte man natürlich erstmal viele Bedenken vortragen: Ein Bagger hat keinen Not-Aus etc. Aber all das wäre händelbar. Und für Spezialaufgaben könnte in einer Zentrale ein Baggerführer sitzen, der mehrere Fahrzeuge überwacht und ggfs. eingreift und steuert. Ein gut finanziertes Startup lenkt übrigens Autos mittels Kameras „autonom“ durch den Innenstadtverkehr. Der Fahrer sitzt ganz woanders (Link).
Für Skeptiker: Gas und Bremse wären mittels Fußschalter steuerbar. Einige Cobots bedienen CNC-Maschinen und diese haben auch Fußschalter. Das eigentliche Arbeiten wäre wie Bin-Picking, nur eben in groß. In den USA arbeiten übrigens die ersten Roboter im Straßenbau und flicken Straßen (Link).
Skalierbarkeit
Letztlich geht es nicht nur um die Wildbäche, sondern auch um Infrastrukturmaßnahmen, bei denen Fachkräfte fehlen (Bahn, Straßenbau). Als Unternehmensberater habe ich ein oberbayerisches Tiefbau-Unternehmen begleitet. Dies hat vor Jahren bereits seine Bagger nur mit kroatischem Personal besetzen können. Wie wir aber wissen, gibt der EU-Arbeitsmarkt immer weniger her. Ganz zu schweige von den Folgeproblemen (Zuwanderer brauchen Wohnraum, Lehrer für ihre Kinder etc.).