Robotik-Firmen, erhöht die Preise! (Teil 2)
Im Abstand von einigen Monaten mache ich mir Gedanken über die Preispolitik der Hersteller. Zuletzt war dies Ende Dezember der Fall. Durch zwei Meldungen aus dieser Woche fühle ich mich bestätigt und hole erneut aus. (Der obige Screenshot wurde dieser Quelle entnommen.)
Cobot-Absatz hat sich von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt
Vereinfacht ausgedrückt gibt es eine Faustformel: Geht es der Wirtschaft gut, investiert sie, geht es ihr schlecht, investiert sie weniger oder gar nicht. Aus den USA kamen diese Tage zwei Zahlen: Die Gesamtwirtschaft sank im ersten Quartal um 1,4%. der Umsatz von Universal Robots dort stieg aber um 50%. Nun kann man einwenden, dass zum Jahresanfang die Cobots zum Umsatz wurden, die im noch besseren vierten Quartal 2021 bestellt worden waren. Egal, so extrem viel besser ging es der US-Wirtschaft Ende 2021 auch nicht. Und: Universal Robots hat einen „Lauf“, der schon länger anhält. Man ist deutlich über dem Vor-Corona-Niveau:
Auch wenn die Zahlen für Europa nocht nicht im Detail vorliegen, kann festgestellt werden, dass sich der Absatz der Universal Robot-Cobots hier schon längst von der Entwicklung der Realwirtschaft entlöst hat.
Robotik-Firmen mit Spitzen-Auftragseingängen und sinkenden Erlösen
Nicht wenige Hersteller können zwar Rekordauftragseingänge verbuchen, leiden aber derart unter Lieferengpässe, dass ihr Umsatz im Vorjahresvergleich stagniert oder gar sinkt. Kuka weist als folgedessen gar ein leicht negatives EBIT bei seiner Sparte „Robotics“ aus. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht: Die großen Robotik-Firmen müssen ihre Ware derzeit ehr verteilen als verkaufen:
Als Folge der Lieferengpässe nehmen die Lieferzeiten deutlich zu. Der Kunde ist also bereit immer länger auf seine Roboter zu warten. Bei allem Respekt, fast könnte man meinen, dass der alte Werbespruch eines österreichischen Einzelhändlers gilt: „Raunz nicht, kauf!“ Der Kunde schluckt offensichtlich die Kröte und kauft!
Die Lieferzeiten bergen zugleich eine signifikante Gefahr für den Hersteller: In einem Jahr dürfte für ihn vieles oder alles teurer sein. Was er heute verkauft, sollte er daher zu Preisen kalkulieren, die er in einem Jahr oder später erwartet. Dazu noch der hier thematisierte Preisaufschlag.
Das ROI-Ziel gilt allenfalls für Investment-Banker
Wenn ich es richtig verstehe, werben viele Robotik-Firmen mit einem ROI von unter 1 Jahr. D.h. wer 100 investiert, erhält binnen eines Jahres 100 zurück. Universal Robots nennt eine „short payback period, on average less than 12 months“. Der Deutsch-Banker Josef Ackermann träumte einst von einer Eigenkapitalrendite von 25%. Aber ein Mittelständler? Der ist viel bescheidener. Wichtiger für ihn ist, an die Investition zu glauben. Ist dies der Fall, darf die Amortisation natürlich auch einige Jahre dauern.
Immerhin: Cobots werden immer häufiger als Alternative zum Fachkräftemangel dargestellt. D.h. das Hauptargument verlagert sich vom Geldvorteil hin zur Problemlösung. Problemlösungen werden höher vom Kunden vergütet.
Auswirkung einer Preiserhöhung
Die Universal Robots-Mutter Teradyne weist in ihrer Sparten-Ergebnisrechnung „Industrial Automation“, zu der neben Universal Robots auch Mobile Industrial Robots sowie der Fehlkauf AutoGuide zählen, für 2021 einen Verlust in Höhe von 8 Mio. US-$ aus. Universal Robots dürfte bereits profitabel gewesen sein, war aber noch keine Gelddruckmaschine. Wenn es aber selbst der Branchenführer nicht ist, wer dann?
Eine kleine Szenario-Rechnung: Die Preisempfehlung eines UR 10e ist bekannt. Vom Preis erhält der Hersteller nicht alles, ein Teil erhält der Händler. Seine Marge wird nachfolgend als Teil der variablen Kosten betrachtet, weshalb hier der gesamte Verkaufspreis Universal Robots „gutgeschrieben“ wird. Zu den variablen Kosten gehören auch die Fertigungskosten und etwaige Prämien für eigene Mitarbeiter. Unterstellen wir, dass sich die variablen Kosten auf 15.000 Euro/ Cobot belaufen (nur eine Annahme, habe keine Ahnung), verbleibt ein Deckungsbeitrag von 20.500 Euro/ Cobot.
Eine Preiserhöhung würde den Deckungsbeitrag fast vollumfänglich erhöhen. Im Gegenzug könnte ggfs. weniger verkauft werden. Dies wäre das Risiko, das mit einer Preiserhöhung verbunden wäre. Bei einer Preiserhöhung von 10% könnte – vor Inflation der eigenen Einstandskosten – ein Absatz von 15% verlorengehen ohne dass sich der Ertrag gegenüber zuvor verschlechtern würde. Und: Je höher die Preiserhöhung und die bisherigen variablen Kosten, desto mehr Absatz darf verlorengehen. Dies zeigt das Szenario ganz unten rechts, bei dem gleich 40% des Absatzes verloren gehen dürften. Diese Gefahr besteht aber wohl nicht.
Jetzt gibt es die unerfahrenen Neukunden
„Früher war alles billiger“. Wir alle haben Referenzpreise im Kopf, die wir nicht so schnell vergessen. Wer heute einen Roboter kauft und sich später nochmals einen anschaffen wird, vergleicht dann die Preise. Dies spricht ebenfalls dafür die Preise jetzt anzupassen. Ansonsten besteht in wenigen Jahren Erklärungsbedarf.
Was passiert nach dem Boom?
Der sich nun verfestigte Boom dürfte eines Tages zu Ende gehen. Dann wird es als Folge der bis dahin aufgebauten Produktionskapazitäten unweigerlich zu richtigen Preiswettbewerben kommen. Umso wichtiger scheint heute eine gute Preisbasis aufzubauen.
Wichtig erscheint, dass die Marktführer ihre Preise erhöhen. Dann mögen sie zwar einige Kunden an Billiganbieter verlieren, aber dies wäre es einem wachsenden Markt wert. Vorausgesetzt die Marktführer wollen einen hohen Ertrag und nicht einen hohen Marktanteil. Erhöhen die Marktführer die Preise, werden die Mitläufer nachziehen.
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Der Autor dieses Blogs ist maßgeblich am KI-/ Robotik-Projekt Opdra beteiligt. Er berät Robotik-Firmen und Investoren bei den Fragen Marktanalysen und Finanzierung/ Förderungen. Mehr zu seiner Person finden Sie hier.