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Wirtschaft

Unternehmensbewertung am Beispiel von KUKA

Sieben Jahre ist es her, dass KUKA von Midea übernommen wurde. Die deutsche Politik war erschrocken und bat verschiedene heimische Konzerne als weiße Ritter zu fungieren. D.h. Siemens & Co. sollten ein Gegenangebot abgeben. Der damalige Siemens-Chef Joe Kaeser lehnte aber ab, da er einen Kaufpreis von 4 Mrd. Euro nicht rechtfertigen konnte (Link). Das Midea-Angebot entsprach einem KGV von 37 (Link) und lag deutlich über den Kursen zuvor. KUKA sah zugleich die Chance sich in einem 10mal größeren Markt zu etablieren. Midea hat fast 4 Mrd. Euro gezahlt – damals für 95%.


Hat sich der Kauf für Midea rentiert?

Wie zu sehen ist, ist der KUKA-Umsatz seitdem – bei allerdings eher schwierigerem Umfeld – nicht in die Höhe geschossen. Die Negativ-Effekte Corona, Lieferkette, aber auch Inflation waren nicht vorhersehbar. Zudem gab es es generell zu optimistische Prognosen für die Robotik. Die Umsatzentwicklung dürfte stellvertretend für so manches Startup stehen. Die eigene ambitionierte Planung kann von vielen Robotik-Firmen nicht erreicht werden. Erinnert sei an die jüngsten Quartalszahlen von Universal Robots.

Unter dem Gesichtspunkt ob sich das von Midea eingesetzte Kapital gut verzinst hat, lautet die Antwort bislang ganz klar nein. Dies gilt insbesondere beim Gesichtspunkt der Opportunitätskosten. Denn Midea hätte das Geld auch in seine sich doch besser entwickelnde Heimat investieren können. Aber wir wissen nicht, ob der Kauf vielleicht nicht auch auf Druck der chinesischen Regierung zustande kam. Zudem kann es Gründe für den Kauf gegeben haben, die ich nicht kenne, was zu Fehlinterpretationen führen kann.

Chinesische Käufer wollen nicht immer eine gute direkte Verzinsung

Die Tage sprach ich mit der Beteiligungsmanagerin einer großen bayerischen Beteiligungsgesellschaft. Wir unterhielten uns über die Viessmann-Übernahme. Wir beide können den Kaufpreis nicht ansatzweise nachvollziehen. Sie verwies dabei auf die Erfahrung mit einem Deal, bei dem ihre Gesellschaft viel geboten hatte, aber von einem chineischen Unternehmen überboten wurde. Konkret ging es um ein Fertigungsunternehmen, das niemals den von den Chinesen gezahlten Kaufpreis verdienen kann. Aber heute weiß man, dass der chinesische Käufer die deutsche Produktionsanlagen gleich zehnmal in China nachgebaut hat. Alles ganz legal, denn das deutsche Unternehmen besitzt die Rechte an den Konstruktionszeichnungen und gehört jetzt halt dem chinesischen Unternehmen. Dem chinesischen Käufer ging es also offenbar nicht um den deutschen Markt, sondern seinem Heimatmarkt. Der hat in Umwegrendite gedacht und diese auch erreicht.

Zurück zu Midea: Auf jeden Fall hatte Midea einen starken Grund: Die eigene Automatisierung. Midea will stetig mehr Roboter einsetzen und hier kann KUKA wertvolle Dienste leisten. Der Website Pingwest ist zu entnehmen: “Our goal is to reach 530 robots per 10,000 employees in 2023.” “In the first half of 2021, we had 320 robots per 10,000 people,” the executive said. He believes KUKA is able to assist Midea and many other Chinese manufacturers in automating their production, thereby raising the penetration rate of robotics and narrowing the gap with developed countries.

Allein 2021 hätte Midea 1.000 Roboter von KUKA erhalten.

Egal was nun der Grund für den hohen Kaufpreis war, ist es letztlich Sache des Käufers, der mir oder anderen keine Rechenschaft schuldig ist. Diese Ausführungen dienten insofern als Vorgriff auf die exemplarische Darstellung, wie ein Unternehmen wie KUKA heute bewertet würde. Das “heute ” ist wichtig, haben sich seit 2016 doch Zins und Marktumfeld geändert. Für deren Beurteilung gibt es Datenbanken, auf die nachfolgend zurückgegriffen wird. Es handelt sich aus Aufwandsgründen nur um grobe Werte, die dargestellt werden. (Ich erstelle häufiger Unternehmensbewertungen, auch für Wirtschaftsprüfer. Die aktuelle von KUKA hat mich auch vor dem Hintergrund des Viessmann-Deals interessiert.)

Heutige Unternehmensbewertung

Grundlage einer Unternehmensbewertung ist das Vorliegen einer Planung. Entscheidend ist der künftige Free Cash flow, der abgezinst wird. Bei KUKA wird hier mangels Kenntnis einer Planung davon ausgegangen, dass der Free Cash flow dem EBIT entspricht (Abschreibungen = Investitionen, keine Veränderung des Working Capitals, da kein gravierendes Wachstum etc.). Generell fällt auf, dass die großen Roboterhersteller viele neue Geschäftsfelder erschließen (Einzelhandel, Bau, Elektro-Mobilität). Dies spricht natürlich für ihre Innnovationsfreudigkeit. Andererseits zeigt dies, dass die Umsatzentwicklung in den bisherigen Bereichen nicht überschäumend ist.

Wichtig für Neueinsteiger bei Unternehmensbewertungen ist das Bewußtsein, dass die Substanz nicht extra berücksichtigt wird. Dies kann für KMU eine Überraschung darstellen, die über eine selbstgenutzte Immobilie verfügen und diese extra vergütet bekommen haben wollen. Sie zahlen heute keine Miete. Würden sie eine zahlen, wären ihre künftigen Free Cash flows entsprechend niedriger. Eine Ausnahme stellt nicht betriebsnotwendiges Kapital dar (z.B. ein freies Grundstück, das zur Plan-Erfüllung auch nicht bebaut werden muß).

Die frei verfügbaren künftigen Erträge sind abzuzinsen. Hierfür wird der Basiszinssatz (aktuell nach IdW S 1 = Standard der Wirtschaftsprüfer: 2,25%), die Marktrisikoprämie sowie das invidividuellen Risiko des Unternehmens bzw. einer Gruppe vergleichbarer Unternehmen (kann in Datenbanken abgefragt bzw. ermittelt werden) berücksichtigt.

KUKA ist heute weniger wert als 2016

Bei rein mathematischer Betrachtung dürfte heute der Unternehmenswert von KUKA bei grob 1,5 Mrd. Euro liegen und damit deutlich unter den 4 Mrd. aus 2016. Das damals genannte KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 37 war auch bedeutend höher als z.B. das heutige von FANUC (grob 22) oder das des Mischkonzern ABB (grob 23). Für den hohen mathematischen Wertverlust dürften neben der Großzügigkeit des damaligen Angebots verschiedene Gründe verantwortlich sein, die den gesamten Markt betreffen: Der Zinsanstieg hat Börsenwerte generell reduziert und zugleich hat die Robotik die Wachstumsprognosen so nicht erreicht – auch als Folge der oben genannten externen Faktoren (Corona/ Lieferketten/ Inflation). ABB wurde 2019 offenbar mit einem KGV von 35 bewertet. Der heutige Börsenwert von 60 Mrd. Euro liegt aber über dem in 2016.

(Vom Unternehmenswert sind noch die zu verzinsenden Netto-Finanzverbindlichkeiten abzuziehen. Der Gesamtbetrag entspricht dann dem Eigenkapitalwert, der letztlich gezahlt wird.)

Bewertung von Startups

Statups können i.d.R. erstmal keine geplanten Gewinne darstellen. Nach einigen Jahren sind diese aber zu erwarten – typischerweise dann sehr hoch. Start-ups werden daher anders bewertet – auch mit einem deutlich höheren Risikofaktor Beta. Häufig wird der künftige Ertrag mit dem branchenüblichen Multiple multipliziert. Dieser Betrag wird dann stark abgezinst, um so das hohe Risiko zu berücksichtigen. Um die Wertabschläge als Folge der Abzinsung in Grenzen gehalten, erfolgen mehrere Kapitalrunden. Bei guter Entwicklung gewinnt das Startup von Jahr zu Jahr an wert, da die Zeitspanne, die abzuzinsen ist, immer kürzer wird.

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). Der Verfasser ist auch beratend tätig (Robotik, Tech & Finanzierung/ Bewertungen). Kaum jemand dürfte über eine vergleichbare Markt- und Lösungsübersicht verfügen. Dank staatlicher Förderung besteht für KMU die Möglichkeit einer Betriebsbesichtigung mit konkreten Empfehlungen etc. zum Pauschalpreis von 1.750 € (“Sondergebiete” 800 €) incl. Anreise.

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