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Wandelbots: Nächste Kapitalrunde – einige Gedanken

Ehrlich gesagt,ich bin platt: Wandelbots hat mit der gestern bekanntgewordenen Runde C in Summe bereits 123 Mio. US-$ eingeworben. Der Betrag zeigt , dass das Team um Christian Piechnick bislang alles richtig gemacht hat. Neben der strategischen Weitsicht besteht die Kunst von gut geführten Tech-Unternehmen vielleicht auch darin, trotz aller Technik-Orientierung “normal” rüberzukommen. Egal wo bzw. wie (Video, Live), Wandelbots-Mitarbeiter wirken auf mich immer besonders sympathisch.


Da ich die aktuelle Bewertung noch nicht nachvollziehen kann, zunächst einige Gedanken.

Ich wundere mich über zwei Dinge:
1. Die Gewinnerwartung der Investoren, die ja ein Vielfaches ihres Einsatzes zurückhaben wollen.
2. Der Geldbedarf von Wandelbots – warum so viel?

Wo sehen die Investoren Wandelbots und den Markt an sich in einigen Jahren?

Bereits für die letzte Finanzierungsrunde, die im Sommer 2020 stattfand, hatte ich eine Bewertung von 90 Mio. € gesehen (Link). Damals hatte das Unternehmen in Summe rund 32 Mio€ aus den beiden Finanzierungsrunden erhalten. Diesem Cash-Betrag stehen nun 123 Mio. US-$ und somit ein Vielfaches gegenüber. Unterstellt man, dass die bisherigen Gesellschafter ihre Anteile nicht zu sehr verwässert haben, dürfte die aktuelle Bewertung – alles eine Vermutung auf Grund einer Kurzbetrachtung – wohl bei 300 Mio. liegen.

Fest steht, dass die Investoren in der Folge ein Vielfaches zurück erwarten. In wenigen Jahren sollte das Unternehmen somit einige Milliarden wert sein. Dies gelingt nur, wenn sich das Unternehmen im bisherigen Kerngeschäft, der No-Code-Programmierung, gegen den Wettbewerb durchsetzt. Denn auch wenn der Markt schnell wächst, ein Marktanteil von “nur” 25% bei einem dann denkbaren (einige starke Marktteilnehmer) Preiswettbewerb erscheint nicht so gewinnversprechend.

Somit unterstelle ich mal, dass die Investoren mit der Entwicklung des TracePen zufrieden sind, viel Potential aber in der sich immer mehr konkretisierenden Software-Plattform sehen.

Christian Piechnick, Mitgründer und CEO Wandelbots
Foto wie auch die anderen © Wandelbots

Robotik-Plattform

Hierzu die Pressemitteilung: Als nächstes plant Wandelbots den Ausbau und die Öffnung seiner Robotik-Softwareplattform. Anbieter von Automatisierungslösungen und Software-Entwicklerinnen und -Entwickler können die Technologie dann dafür nutzen, um ohne Herstellerbindung eigene Lösungen in kürzester Zeit zu entwickeln.

Christian Piechnick betont den Vorteil der Plattform: „Jede und jeder kann in Zukunft ohne Robotik-Expertise eigene Ideen in Rekordgeschwindigkeit entwickeln. Und das komplett unabhängig von der verwendeten Robotik-Hardware. Wir können es kaum erwarten, zu sehen, was Entwicklerinnen und Entwickler in Zukunft auf Grundlage unserer Plattform kreieren. Mit der Öffnung unserer Technologie werden wir unsere Mission verwirklichen, die Robotik mithilfe benutzerfreundlicher Software für jede und jeden zu demokratisieren.“

Ich bin gespannt, welche Software über die Plattform verkauft werden wird. Heute wird Software häufig zusammen mit Hardware angeboten (z.B. Bin-Picking mit Kamera, Palettier-Lösung gleich mit Cobot und Station). Ich kann mir vorstellen, dass die Plattform besonders dann interessant wird, wenn die Unternehmen bereits über die Hardware verfügen und immer flexibler werden wollen. Dies dauert aber noch ein paar Jahre, denke ich.

TracePen

Der TracePen hat bislang 100 Anwender, so Bernd Heinrichs, Chief Growth Officier, in einem wirklich sehr gutem Video (Link). Im laufenden Jahr soll sich der 2021er Umsatz mit dem Stift verzehnfachen. Dann wären wir bei 1.000 Anwendern. Bei einer Monatsgebühr von 300 €, von der ich m.W. mal gehört habe, kämen monatliche Erlöse von 300.000 € zustande (+ Kaufpreis). Für ein kleines Unternehmen wäre dies viel Geld, aber Wandelbots hat bereits 140 Mitarbeiter. Daher staune ich, dass unverändert nur Universal Robots und Yaskawa bedient werden. Ganz so einfach ist das Ausrollen auf andere Roboter eben nicht.

Der Geldbedarf

Laut Bilanz 2019 hat Wandelbots einen Verlust von 1,5 Mio€ ausgewiesen und dabei in etwa einen gleich hohen Betrag aktiviert, d.h. 3 Mio€ Cash benötigt. Damals hatte das Unternehmen 43 Mitarbeiter, jetzt sind es 140 Mitarbeiter. Incl. dem offenbar gestarteten Markteintritt in China (vgl. vielsagend die obige Abbildung) und den USA werden nun vielleicht 20 Mio€, vielleicht auch 30 Mio€ p.a. benötigt. Erste Erlöse kommen zwar, aber noch in geringerer Höhe. Um auf der sicheren Seite zu sein, scheint daher die Höhe der neuen Mittel doch angebracht zu sein. Vielleicht will Wandelbots in Zukunft auch andere Unternehmen akquirieren. Auf jeden Fall bleibt es spannend und Wandelbots, das Vorzeige-Startup in Sachsen, hat das Potential zu einem Vorzeige-Unternehmen für Deutschland zu werden.

Spannend bleibt es auch, weil offenbar noch chinesische Investoren gesucht werden. Handelsblatt zitiert Jonas Schreiber mit: „Unsere Priorität ist dieses Jahr auch, neue Märkte zu erschließen“, sagt Schreiber. „China ist mit Abstand der größte Markt in der Robotik.“ Der nächste Schritt sei jetzt die Suche nach potenziellen Investoren und Kunden in der Volksrepublik.

Zum Video: Auch dies zeigt, weshalb eine gute Finanzierung wichtig ist. Wie so viele Robotik-Videos hat es auch einem Monat nach Erscheinen erstaunlich wenig Aufrufe (aktuell rund 240). Der Markt ist einfach noch begrenzt:

Vernetzen wir uns? LinkedIn
-> Zur Cobot-Gruppe auf LinkedIn (Link)

In eigener Sache/ Werbung
Der Autor dieses Blogs ist maßgeblich am KI-/ Robotik-Projekt Opdra beteiligt. Er berät Robotik-Firmen und Investoren bei den Fragen Marktanalysen und Finanzierung/ Förderungen. Mehr zu seiner Person finden Sie hier.

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