Cobots: Braucht es Psychologen, RaaS oder …?
Die jüngsten Quartalszahlen von Universal Robots würden womögich andere Anbieter von Investitionsgütern auf Grund des schwierigen Umfeld erfreuen, sind für die Cobot-Branche aber enttäuschend. Dies ist nicht als Vorwurf an die Dänen zu interpretieren. Diese haben vermutlich alles richtig gemacht. Sie haben sich als Benchmark für den Sektor positioniert, stetig in Personal und Marketing investiert und mit dem UR 20, der seit Jahresende 2022 bestellbar ist, neue Impulse gesetzt. Nur will der Markt trotz aller logischen Gründe, die für Cobots sprechen entgegen aller Prognosen einfach nicht stark wachsen.
Braucht es Psychologen bzw. „Change Manager“?
Sofern sich die Cobot-Community nicht völlig irrt, könnten viele Unternehmen den von ihnen beklagten Personalmangel mittels Cobots lösen. Dennoch verhalten sich offensichtlich viele potentielle Kunden reserviert. Dabei gibt es zwischenzeitlich eine reichhaltige Auswahl an Standardlösungen für das Palettieren, die Maschinenbeladung oder das Schweißen. Gerade bei diesen Robotik-Anwendungen handelt es sich um „Insellösungen“. Es wird nicht ein Band oder ein Ablauf unterbrochen. Hier wäre eine gewisse Furcht verständlich. Denn wenn die Integration nicht klappt, stünde der Betrieb plötzlich still. Wenn man aber feststellt, dass die Maschinenbeladung doch nicht so klappt, könnte man einfach wieder einen Mitarbeiter diese Aufgabe zuweisen. Der Robotereinsatz ist hier erstmal nicht kritisch (erst wenn man sich nur noch auf Cobots verläßt). Bei einigen heutigen „Nein-Sager“ könnten andere Preismodelle helfen die Angst bzw. die hohen Investitionskosten zu umgehen (siehe unten „RaaS“). Aber beim Rest? Bei diesen könnte einfach die mentale Barriere zu hoch sein. Denkbar erscheint was Helmut Schmid beim Robotic Festival 2021 in Leipzig gesagt hat: „Der Unternehmer ist mit dem Mann in der Produktion in die Schule gegangen und will ihm nicht zu Nahe treten.“ Für mich sehr naheliegend ist, dass gerade ältere KMU-Unternehmer Angst haben, dass der Betrieb durch Roboter nicht mehr „ihr Betrieb“ sein wird. Sie fürchten die Roboter nicht richtig programmieren zu können und sich somit in Abhängigkeit von ihren Mitarbeitern zu begeben.
Egal welche Gründe oder Vorurteile gegen einen Cobot sprechen, hier bedarf es womöglich einer grundlegenden Änderung des Mindsets. Daher die Frage, ob es Psychologen braucht. Allerdings wäre ein „Ja“ kaum umsetzbar da wir die Personengruppe gar nicht erreichen können. Mir scheint, viele – gerade kleinere KMU (bleiben auch immer klein, warum wohl?) – interessieren sich weder für Veranstaltungen, Verbände, Fachpressse etc. Diese gewinnt man am ehesten durch einen erfolgreichen Robotereinsatz bei einem mit ihnen befreundeten Unternehmen (Link).
Braucht es Raas?
Nach Jahren der niedrigen Zinsen und des Booms verfügen viele Unternehmen über erstmal ausreichend Liquidität. Gerade KMU konnten im vergangenen Jahrzehnt ihre Eigenkapitalquote deutlich steigern (Link). Klassische Finanzierungsangebote wie das Leasing mögen daher gerne mitgenommen werden, reduzieren aber nicht das (subjektive) Risiko-Empfinden. Dieses können am ehesten jederzeit kündbare Abo-Modelle. (In den nächsten Tagen folgt hier ein Beitrag über Robotik-Preismodelle.) Daher können neue Anbieter wie Coboworx (Bild unten), die jederzeit kündbar sind, die Angst vor einer Fehlentscheidung deutlich reduzieren.
Als Geschäftsführer eines Startups Bildverarbeitung habe ich übrigens eine interessante Erfahrung bei Auftragsentwicklungen gemacht: Der Kunde will nie die anspruchsvolle, von uns entwickelte Lösung „im Sack“ kaufen. Er (und auch wir) wollen zunächst eine Machbarkeitsstudie. Kostet diese nichts, will der Kunde sie auf jeden Fall und wir wissen nicht, wie stark sein echtes Interesse ist. Zudem besteht dann die Gefahr, dass unser Gegenüber einen Werksstudenten dransetzt. Daher hat sich folgendes Preismodell bewährt, bei dem der Kunde auswählen kann (gilt für die Machbarkeitsstudie):
- Kalkulierter Preis oder
- Hälfte des kalkulierten Preises wenn die Machbarkeitsstudie keinen Erfolg hat, ist sie erfolgreich das Doppelte.
Viele Unternehmen entscheiden sich tatsächlich für die Option 2. Mit dieser erhalten sie die Sicherheit, die sie benötigen. Dies umso mehr, wie sie ja auch selber Manpower einsetzen. Vor dieser Erfahrung halte ich RaaS & Co. für sehr attraktiv, allerdings auch für komplex. Wer soll Hardware + Integrator + Abnahme vorfinanzieren?
oder braucht es mehr applikationsspezifische Lösungen?
Der Deutsche Robotik Verband hat in einem von mir verfassten Papier dargestellt, dass es fertiger applikationsspezifischer Lösungen braucht. Im Grunde bejaht dies der Markt durch seine Palettier- und Schweißlösungen. Bei der Maschinenbestückung gilt das Gleiche und einigen weiteren Lösungen. Diese durchdringen zwar langsam den Markt, aber es gibt ja noch sehr viele weitere Anwendungsfälle, die standardisiert werden könnten. Mein Lieblingsbeispiel ist hier das Verlegen von Fliesen, vor allem großflächig. Die technische Machbarkeit ist offensichtlich grundsätzlich gegeben, doch hakt es an der Umsetzung, da sich keiner hierfür verantwortlich fühlt oder in Vorleistung treten will. Vor allem braucht leider alles sehr lange – auch eine Folge der Personalnot aller Beteiligten.
Nachtrag: Braucht es Preissenkungen?
Als Reaktion auf diesen Beitrag postete Roberto Polosel, als CEO des italienischen Vision-Spezialisten Euclid Labs durchaus ein Schwergewicht, seine Forderung nach einer deutlichen Preissenkung. Hierbei bezog er sich auf seinen Post, einige Tage zuvor: Nach seiner Einschätzung werden Cobots nur selten kollaborativ genutzt und rechtfertigen damit einen Aufpreis:
In der Folge beteiligte sich mit Michael Mayr ein weiterer langjähriger Branchen-Experte am Diskurs:
Vernetzen wir uns? LinkedIn
-> Zur Cobot-Gruppe auf LinkedIn (Link)
In eigener Sache/ Werbung
Der Autor dieses Blogs ist maßgeblich am KI-/ Robotik-Projekt Opdra beteiligt. Er beantwortet Unternehmen die Frage, ob und wie ein Roboter bei Ihnen eingesetzt werden könnte (Erstanalyse samt Empfehlung). Dies in den Großräumen Trier und Lüneburg sowie Ostdeutschland ohne Leipzig/ Berlin für 700 € netto, im restlichen Deutschland zu einem Pauschalpreis von 1.750 € netto (incl. Anreise). Der niedrige Preis ist dank Förderung möglich. Permanent auf der Suche nach interessanten Lösungen hat er schon hunderte Applikationen gesehen. Aus diesem Grund gehören auch Großunternehmen zu seinen Kunden, die zwar über Know how verfügen, aber nicht den gesamten Markt kennen. Für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern oder solchen mit Sitz in Österreich oder Schweiz gilt der Pauschalpreis nicht. Mehr zu seiner Person finden Sie hier.