Wie die Politik die deutsche Robotik schädigt
Der amerikanische Harvard-Professor Michael Porter hat schon vor Jahrzehnten untersucht, weshalb Deutschland eine Export-Nation ist. Sein Fazit: Durch die permaneten Lohnsteigerungen als Folge der starken Gewerkschaften bestand ein permanenter Rationalisierungsdruck: Die Unternehmen, z.B die Autoindustrie, sind zu permanenten Rationalisierungen gezwungen (hier Robotik). Hierdurch senken sie ihre Kosten auf ein Maß, dass ihre Vorteile (Innovation & Qualität) weltweit bezahlbar macht. Deutsche Produkte können daher durchaus teurer als die der Billigwettbewerber sein, aber in einem Rahmen, der ihnen noch Wettbewerbsvorteile verschafft. Die Maschinenbauer wiederum, die die Anlagen zur Automatisierung entwickelt haben, können diese in der Folge exportieren. So wurde der deutsche Maschinenbau samt einer Robotik-Firma wie Kuka Weltklasse. Ein weiterer wichtiger Wettbewerbsvorteil Deutschlands besteht in der Clusterbildung und dem hiermit verbundenen Austausch von Personal zwischen den Firmen (der Mercedes-Ingenieur ging zu BMW, Audi oder VW – alles vergleichbare Firmen – dieser lokale Wettbewerb um die Besten fördert Innovationen und sorgt für einen Tech-Austausch).
Übertragen auf die Mensch-Roboter-Kollaboration, also die Roboter („Cobots“), die direkt mit dem Menschen ohne Schutzzaun zusammenarbeiten können, kann festgestellt werden, dass es zwischenzeitlich durchaus einige universitäre Cluster gibt (insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg oder Niedersachsen), die heimischen Cobot-Firmen aber keine lokale starke Nachfrage erfahren, die sie stark für die Expansion ins Ausland machen. Dies unterscheidet die deutschen Firmen von der chinesischen Konkurrenz. In 2020 dürften einige chinesische Cobot-Firmen in den deutschen Markt eintreten. Die Chinesen haben zuvor in ihrem Heimatmarkt „Fett angesammelt“. Der chinesische Coboter-Hersteller Siasun, der derzeit in Magdeburg baut, soll bereits BMW, Ford, Jaguar, General Motors und Land Rover beliefern.
Was ist der Grund für die unbefriedigende Lager im deutschen Heimatmarkt? M.E. maßgeblich die bei uns zu strengen Arbeitsschutz-Bestimmungen. Hierüber hatte ich bereits geschrieben.
Leider wurde mein Angebot auf Erwidderung seitens der zuständigen Stellen nicht wahrgenommen. Ich halte die aktuellen Regelungen für unverändert nicht verhältnismäßig. Dies gilt insofern, wie beim Cobot jegliches, aber auch jegliches Risiko ausgeschlossen werden soll. Dies gilt selbst für blaue Flecken an harmlosen Körperteilen, nicht nur des Bedieners, sondern auch einer völlig fremden Person, die zufällig am Arbeitsplatz vorbeikommen könnte. Dieser Vollkasko-Schutz wird dadurch erreicht, dass der Cobot sehr langsam sein muß. Auf den Beruf des Kraftfahrers übertragen bedeutet ist, dass LKW nur mit 10 km/ h fahren dürften. Natürlich völlig unrealistisch.
Hinzu kommt, dass als Referenz für die Regelung „kein blauer Fleck“ Frauen herangezogen werden. Denn diese haben ein sensibleres Gewebe. Es gibt Frauen, die offenbar blaue Flecken bekommen ohne zu wissen woher, also nur durch etwas stärkere Berührungen. Und somit muß ein Cobot entsprechend extrem vorsichtig und damit langsam agieren. Vor diesem Hintergrund erscheint eine gewisse Akzeptanz einer etwas heftigeren Berührung, sofern sie nicht zu größeren Schäden führen kann, durchaus sinnvoll. Größere Schäden wären im Körperbereich über eine Größe von 140 cm (ab Hals/ Kopf) zu befürchten. Ein weiterer Kompromiß könnte für die Person am Cobot in zusätzlichen Pausen bestehen. Denn 8 Stunden neben einem Cobot zu arbeiten und permanent seine Bewegungen zu berücksichtigen, erfordert natürlich Konzentration.
Gelockert werden sollten die Schutzbestimmungen auch im Hinblick auf den relevanten Personenkreis. Dieser sollte m.E. auf die Person reduziert werden, die direkt mit dem Cobot arbeitet. Ein Mitarbeiter in einigen Metern Entfernung hat nichts mit dem Cobot zu tun und sollte die unglückliche Konstellation eintreten, dass er sich unbefugt dem Cobot nähert und von diesem verletzt wird, so ist er letztlich selber schuld. Dieser Sachverhalt des Eigenverschuldes ist in vielen Betrieben und Bereichen selbstverständlich: Unterhalb der Ladung eines Krans geht man nicht, ein Dritter hat nicht an die Kreissäge zu gehen etc. Per Saldo würden diese zwei vorgeschlagenen Lockerungen der Schutzbestimmungen kaum Menschen ernsthafter gefährden, aber der Robotik deutlich helfen und somit deutschen und europäischen Robotik-Firmen ermöglichen international mitzuhalten.
Übrigens bin ich am Bahnhof Rheda-Wiedenbrück trotz meiner 90 kg und einem großzügig eingehaltenen Sicherheitsabstand von einem durchrasenden ICE durchgeschüttelt worden. Die Schutzmaßnahme hier bestand aus einem weißen Streifen am Bahnsteig (setzt die richtige Interpretation des Streifens voraus) und einer Lautsprecherdurchsage (wäre ich taub, hätte ich sie überhört).
Das nächste Video zeigt die Sensitivität des deutschen Cobot Panda von Franka Emika. Gewiss, würde die Nadel ein Auge treffen, würde es verletzt – ein No-Go. Daher sollten m.E. ab einer Höhe von 140 cm strengste Vorschriften gelten, nicht aber darunter oder darüber, wenn der Mensch entsprechend geschützt ist. Unter dieser Höhe dürfte dieser Cobot selbst bei voller Fahrt allenfalls einen blauen Flecken verursachen:
Der Autor dieses Blogs steht für Marktrecherchen oder auch einen Gang durch Ihre Produktion/ Fertigung zum Festpreis zur Verfügung (Detail), um dann konkrete Vorschläge für den Einsatz von Cobots und anderen Robotern incl. Fördermöglichkeiten zu unterbreiten. Es werden sowohl KMU wie Groß-Unternehmen besucht. U.a. in Bayern ist eine 50%ige Investitionsförderung denkbar. Das Standardbuch über Cobots stammt ebenfalls von ihm.